Es ist alles noch viiiiiel schlimmer geworden: Ich habe jetzt Diabetes. Und die Cholesterinwerte sind auch zu hoch. Meine Ärztin hat Cholesterinsenker und Tabletten gegen den Diabetes verschrieben. Die nehm ich jetzt. Seit April letzten Jahres weiß ich vom Diabetes und habe bisher 8 kg abgenommen. Das reicht aber alles noch nicht, weil der Zuckerwert immer noch viel zu hoch ist.

 

Weil ich die Cholesterinsenker nicht schlucken will, bin ich umgestiegen auf vegetarisches Essen und muss jede Woche mindestens ein Mal in die Mukkibude oder eben hier den MP3-Player aufsetzen und im dunklen Flur tanzen. Seit ich mich dem Diabetes entsprechend ernähre (also auf alles verzichte, was schmeckt), sind meine Zähne stetig gewachsen. Diese Lebensführung verlängert das Leiden, ich meine damit das Leben und die Zähne.

 

Aber wenn ich das Buch fertig schreiben soll, bleibt mir keine Wahl, mir bleibt nur die Qual. So siehts gegenwärtig aus.

Ich weiß jetzt auch, warum ich Probleme habe, abzunehmen. Weil ich glaubte, abnehmen zu wollen, setzte ich mir ein Ziel, das ich gar nicht habe. Das mir das Gesundheitswesen, die Gesellschaft, auferlegt hat. Wenn ich mich wirklich motivieren will, kann ich nur sagen: "Ich esse einen Apfel, weil er fruchtig ist und ich darauf Appetit habe." Nicht sagen: "Ich muss Obst essen, damit ich abnehme." Das Ziel ist zu weit entfernt. Ich möchte im Hier und Jetzt leben und nicht in der Zukunft.

Also sage ich: "Ins Fitnesscenter fahre ich, weil dort neue Lieder von NJoy laufen, weil es Spaß macht und mir gut tut." Statt zu sagen: "Ohne Sport nehme ich nicht ab." Wenn ich andere Ziele setze und erkenne, was ich wirklich will, komme ich eher dort hin, wo ich wirklich hin möchte. Und wenn es Selbstakzeptanz ist. Aber eben erreichbar muss das Ziel sein. Ich kann einen Weg nur dann gehen, wenn ich weiß, wohin er führt. Wenn mir nur suggeriert wird, dass ich ein bestimmtes Ziel dann und dann erreiche, wird mein Unterbewusstsein durch fehlenden Glauben gebremst, das wiederum mich bremst, wenn ich versuche, den Weg zu gehen, der voller Fallen und Stolpersteine ist.

Man braucht eben nicht wie beim Esel die Möhre vor die Nase zu halten, damit er vorwärts geht. Mit dem Gedanken: "Wenn ich schlank bin, werde ich respektiert. Wenn ich schlank bin, wirke ich attraktiv. Wenn ich schlank bin, bekomme ich Arbeit. Wenn ich schlank bin, sind alle Männer hilfsbereit." Damit beweist man doch nur, dass die Gesellschaft positiv auf schlanke Menschen ausgerichtet ist: "Wenn ich schlank bin, finde ich auch im Kaufhaus schicke Sachen."

Und auf mollige und korpulente Menschen ist die Gesellschaft nicht so gut zu sprechen. "Nehmen Sie die Treppe, jeder Gang macht schlank..." "Aufgrund Ihres morbiden Übergewichts können bestimmte Operationen nicht durchgeführt werden..." "Sie passen nicht in unser Team."

 

Jeder Mensch ist einzigartig. Es gibt Talente, die außer dir niemand hat. Du kannst Dinge, die außer dir niemand tun kann. Und wenn wirklich alle inneren Werte zählen würden, käme der auf der Waage nicht dazu.

Im Jahr 2007 habe ich angefangen, die Pfunde zu eliminieren. Es ist beim Anfang steckengeblieben. Ich habe 16 kg abgenommen und halte nun das Gewicht etwas schwankend um +-2 kg. Ich habe durch das Lithium, das gegen meine Depressionen hilft (sonst hilft nichts), eine Schilddrüsenunterfunktion bekommen und kriege nun L-Thyroxin.

Darum hat es auch nicht geklappt, als ich jede Woche 3 mal Schwimmen ging und alle 14 Tage zum Kegeln.

Erschwerend kommt hinzu, dass ich Problemesser bin. Im Frühling ist erst der Schwiegervater und dann die Mutter gestorben. 3 Jahre war ich abstinent, habe nicht gefressen, nur hin und wieder Schokolade genascht, aber wieder abgenommen, wenn ich zugenommen hatte, und "hatte es im Griff", aber im Frühling ist "es" mir entglitten. Ich habe nur noch geschaufelt und mich zugeballert mit Büchern, Filmen, einfach um mich abzulenken und etwas auf der Zunge zu genießen. Wenn einem was Schönes auf der Zunge liegt, vergisst man, dass es einen so fett gemacht hat, und meint, es einfach genießen zu müssen.


Wichtig ist, nicht nur zu versuchen, viel Obst und Gemüse zu essen, sondern auch richtig satt essen, ist wichtig. Und man darf auf keinen Fall eine bestimmte Kalorienmenge unterschreiten, weil sonst der Stoffwechsel auf Sparflamme schaltet. Inzwischen bin ich von anfangs 110 kg auf 104,8 kg gekommen. Bisher waren 108 kg das Minimum. Das habe ich jetzt unterschritten, wiege zeitweise sogar 103,9 kg. Obwohl es im Winter eher stockt, man dann eigentlich eher gewichtsmäßig steckenbleibt bzw. nach oben kommt.

 

Muss ich bleiben, wie ich bin? Weil es so schwierig ist, zur Sportskanone zu mutieren, wie mein Mann eine ist? Er hat das auch nicht sofort geschafft, ist auch erst mit Mitte 30 zum Marathonlaufen gekommen. Ich tue mich schwer, in meinen Alltag regelmäßig Sport einzubauen. Auch weil der Alltag meist nicht die Möglichkeit bietet, sportlich aktiv zu sein, wenn sich der "Sport" auf Staubsaugen und Putzen oder Bügeln beschränkt.

Auch darf es nicht zu kalt sein, im Winter zum Schwimmen zu fahren, Sport ist unverzichtbar, ich merke, dass es mir psychisch auch besser geht, wenn ich mich viel bewege. Neulich in der Disco waren Frauen in Unterwäsche auf der Tanzfläche, die konnten unheimlich gut tanzen. Also BH, Höschen und Strapsstrümpfe. Das ist Unterwäsche. Seitdem denke ich ständig an diese Frauen mit der Superfigur, die tanzen konnten, wie sie wollten, ohne dass sie einer auslachen könnte. Das könnte ich leider nicht tun. Ich würde gerne so tanzen, wie ich es kann, traue mich aber nicht, weil ich dann so lächerlich aussähe, dass mich alle auslachen würden. Ich träume von dem Tag, an dem ich mehr Körpereinsatz zeigen kann. In Unterwäsche werde ich mich nicht zeigen, das steht fest. Aber so tanzen können möchte ich. Seitdem ist es nicht mehr so schwierig, an den Knabbereien im Supermarkt vorbeizugehen. Ich denke einfach an diese gutaussehenden Frauen und weiß, wie ich nicht weiterleben will. Vielleicht klappt es ja doch eines Tages, abzunehmen...

Nun habe ich die seelische Komponente angepackt, durch die mein Essverhalten endlich unter Kontrolle zu sein scheint. Bisher hatte ich massiven Kontrollverlust beim Essen, das heißt ich bin mit ausgeschaltetem Gehirn zum Supermarkt gegangen und habe da die Kalorienbomben gekauft. Das soll sich nun ändern, und dazu habe ich eine Affirmation ausgewählt: "ich brauche nicht diese Art Liebesersatz. Essen ist Nahrung, mehr nicht." Es hat inzwischen 3 Jahre gehalten, das heißt ich halte seit 3 Jahren durch, ohne meine Fressalien zu kaufen oder Fressanfälle zu kriegen. Durch den Esskontrollverlust habe ich 9 kg zugenommen. Davon sind jetzt 11 kg runter. Ich hoffe, weiterhin mein Gewicht zu reduzieren und das Essverhalten kontrollieren zu können. Bisher klappt es ganz gut. Ein Trick ist auch: Die Waage nicht mehr als einzigen Dreh- und Angelpunkt zu sehen. Wenn sie nicht das anzeigte, was ich wollte, wurde ich rückfällig. Es kam der Frustflash und schwuppdiwupp! Der Jojo-Effekt bescherte mir zusätzliche Kilos. Irgendwann war die Angst vor dem Scheitern größer als der Wunsch, abzunehmen. Nach und nach begriff ich, warum Alkoholiker immer wieder zur Flasche greifen - sie haben das Gefühl, dass sie es nur aushalten, wenn sie trinken. Sie glauben, das Leben nur dann genießen zu können. So ähnlich denke ich auch! Mir ist klar geworden, dass es sich um eine Sucht handelt, und meide die "Suchtmittel" wie Salzgebäck & Co, gehe neuerdings auch regelmäßig Schwimmen, um den Cholesterinspiegel zu senken, habe es aber aufgegeben, unbedingt abnehmen zu wollen.

Seit ich die Waage nicht mehr als Motivationsgrund anführe, klappt es endlich. Im Vergleich zu August 2012 habe ich 16 kg abgenommen. Die Sucht ist endlich bezwungen. Ich bleibe aber Chipsfresserin, auch wenn ich trocken bin. Dazu darf ich nie mehr greifen. Und ich merke an den Auswirkungen, wie sehr ich unter den Ausmaßen meiner Sucht gelitten habe: Endlich brauche ich keine Greifzange mehr, um in den Einkaufskorb zu gelangen oder in die Waschmaschine zu fassen. Ich kann ohne Hilfe aus der Hocke aufstehen, mehrere Stufen hoch gehen, ohne zu keuchen, habe eine Kleidergröße weniger und alles ist nicht mehr so mühsam. Es ist ähnlich wie damals mit dem Rauchen: Erst als ich aufgehört hatte, wusste ich, was das mit meinen Lungen machte. Nun merke ich auch nach und nach, wie sehr mein Übergewicht mich behindert. Das Schöne daran ist, dass es gleichzeitig dezimiert wird. So werde ich beweglicher und finde mich vielleicht auch irgendwann mal attraktiv.

Seit dem Zeitpunkt habe ich leider nur 5 kg abgenommen, weiß aber auch, dass meine Sucht eigentlich eine Sehnsucht ist und eine Art Schutzpanzer, um nicht mehr begehrenswert zu sein oder angemacht zu werden. Dabei ist das Problem nicht das gute Aussehen, sondern meine Hilflosigkeit in bestimmten Situationen, die ich in Angriff nehmen sollte. Dann bin ich sicher, auch die Essgewohnheiten umzustellen, die bisher meinen Alltag bestimmten. Mein Lebensstil sollte das Essen bestimmen, nicht umgekehrt das Essen mein Leben.

Insgesamt ist mir gelungen, das Gewicht zu halten. Aber ich möchte mehr verlieren. Zumal sich die Knie-Arthrose immer öfter schmerzhaft bemerkbar macht. Dazu muss ich mehr tun, mich zum Schwimmen aufraffen und noch öfter Bewegung in den Tagesablauf einbauen. Das klingt einfacher, als es ist. Am Schwierigsten ist das Ablegen alter Gewohnheiten und das Einführen ungewohnter Tätigkeiten, und um diese Klippe komme ich nicht herum, da muss ich durch.

Im Mai 2015 ist mir dann bewusst geworden, dass ich das Gewicht niemals runter kriege. Das hat einmal den Grund, dass ich immer wieder rückfällig werde in alte Essgewohnheiten. Der zweite Grund ist, ich kann nicht zur Sportskanone mutieren, weil ich dazu meinen Charakter ändern müsste. Wenn die Interessen im musischen und künstlerischen Bereich liegen, kann ich kein Leistungssportler werden.

Dann habe ich in 2 Jahren gerade mal 6 kg abgenommen. Ich wurde aber leider für 4 Wochen rückfällig und habe natürlich alle 6 kg in 4 Wochen wieder zugenommen. Aus diesem Grund habe ich den Kampf jetzt aufgegeben, versuche mein Leben in 5XL so gut wie möglich zu leben, mit Hilfsmitteln wie Greifzange und Strumpfanzieher eben, und mache einen Riesenbogen um Teenager.

 

Im Mai 2017 kriegte ich von meiner Ärztin die Diagnose Diabetes. Ich hab das metabolische Syndrom mit allem was dazu gehört. Also hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte usw. Von dem, was ich darf, mag ich nicht viel. Von dem, was ich nicht essen darf, mag ich nicht viel. Deshalb habe ich bisher 7 kg abgenommen. Nur, dass ich davon so gar nichts merke. Habe immernoch die selbe Kleidergröße und muss mich mit Hilfsmitteln waschen. Ist ein Tropfen auf den heißen Stein, bringt wahrscheinlich nichts.